Eduard Lucas. Export der Unzuverlässigkeit durch Deutschland

Beginnen Sie mit Gier, die als Trick verkleidet ist. Versprechen Sie dann, sich zu ändern, aber halten Sie Ihre Versprechen nicht.

Das ist die deutsche Ostpolitik seit 1991. Drei Jahrzehnte lang pumpten die Regierungen in Bonn und dann in Berlin billige russische Energie und wiesen die Sorgen anderer Länder über den Kreml-Imperialismus zurück. Sie bedeckten diese Politik mit moralisierenden Reden über den Dialog und die Verhandlungen.

Es war kurzfristig profitabel (im Fall von Gerhard Schröder führte es zu einer blühenden Karriere nach dem Ausscheiden aus dem Kanzleramt). Aber es ist fehlgeschlagen. Das Regime von Wladimir Putin hat alle von den Deutschen ausgehandelten Vereinbarungen gebrochen. Nach dem jüngsten russischen Angriff auf die Ukraine kündigte Bundeskanzler O. Scholz die Zeitenwende an und sagte 100 Milliarden zu. Verteidigungsausgaben erhöhen.

Doch seitdem ist Scholz‘ Politik unentschlossen, schlecht formuliert und schlecht kommuniziert, zuletzt weigerte er sich, den Alliierten zu erlauben, in Deutschland hergestellte Leopard-Panzer in die Ukraine zu schicken.

Dafür hat die Bundeskanzlerin nach meinen Berechnungen sechs mögliche Gründe. Erstens die Angst vor dem Klettern. Zweitens Schuld an der deutschen Militärgeschichte. Drittens der Wunsch, nach dem Krieg bessere Beziehungen zu Russland aufzubauen. Viertens der Wunsch, Deutschland von den zurückgezogenen und abgelenkten Vereinigten Staaten zu isolieren. Fünftens: Sorge um die öffentliche Meinung. Sechstens, persönliche Sturheit.

Diese Dinge schließen sich nicht gegenseitig aus. Doch keiner von ihnen hält einer Überprüfung stand. Erstens ist die Antwort auf die Angst vor einer Eskalation größere Abschreckung, nicht größere Schwäche. Zweitens verdienen die Verbrechen der Nazis eine angemessene Erinnerung, insbesondere von den Deutschen. Die Ukraine war ein direktes Opfer von einem von ihnen, dem Molotow-Ribbentrop-Pakt von 1939. Und als Hitler 1941 Stalin angriff, wurde das gesamte Territorium der Ukraine durch Kämpfe verwüstet (im Gegensatz zu Russland).

Drittens wird sich die Bevormundung des Putin-Regimes wahrscheinlich nicht auszahlen, wenn die Kämpfe vorbei sind, wenn Sie auch Ihre wichtigsten Verbündeten wütend machen. Viertens ist Antiamerikanismus angesichts seiner endemischen militärischen Schwäche keine kluge Politik für Deutschland. Fünftens zeigen deutsche Meinungsumfragen, dass die Menschen es mit geringem Abstand bevorzugen, Panzer in die Ukraine zu schicken (und Politiker dafür bezahlt werden, zu führen, anstatt auf Meinungsforscher zu hören).

Die Sturheit bleibt. Wenn Scholz eine überzeugende Alternativpolitik hätte, wäre es gerechtfertigt, ja sogar lobenswert, sie mit unerschütterlicher Entschlossenheit zu verfolgen. Aber er tut es nicht. Deutschlands Herangehensweise an die Ukraine ist einfach: versprechen, ausweichen und erst dann liefern. Die Geschichte der letzten 11 Monate deutet darauf hin, dass die Panzer in Wochen, wenn nicht Tagen eintreffen werden. Aber es wird für Deutschland zu spät sein, dies zu würdigen. Auch wegen der zwischenzeitlich verletzten und getöteten Ukrainer wird es zu spät sein.

Die wichtigsten Themen der deutschen Außenpolitik sind Chefsache. Die Minister der Regierung werden vom Bundeskanzleramt ins Abseits gedrängt. Entscheidungen werden unsystematisch getroffen. Deutschland hat keinen Nationalen Sicherheitsrat, um strategische Prioritäten zu setzen. Die Ergebnisse dieses personalisierten und leistungsschwachen Ansatzes sind die katastrophale Nord Stream-Pipeline und eine sanfte Herangehensweise an die russische Spionage.

Diese Schwäche wird noch dadurch verstärkt, dass es O. Scholz selbst an Erfahrung in der Außenpolitik mangelt. Genau wie seine stille Position. Was auch immer seine Gründe dafür sind, anderen Ländern die Entsendung ihrer Panzer zu verzögern, er entscheidet sich dafür, sie nicht öffentlich zu machen.

Das Ergebnis ist deutsche Glaubwürdigkeit in Flammen. Politiker wie Annalena Baerbock, die kämpferische Außenministerin der Grünen, sind persönlich bewundernswert. „Aber am Ende leitet sie doch nur eine Ideenschmiede“, klagt ein Entscheidungsträger beim östlichen Nachbarn Deutschlands verzweifelt.

Nach 1945 versuchte Deutschland jahrzehntelang, die Opfer der Nazi-Aggression davon zu überzeugen, dass es jetzt ein friedliches und freundliches Land sei. Er war größtenteils erfolgreich – eine historische Aussöhnung mit Frankreich, den Niederlanden, Polen und anderen Ländern fand statt. Dieses Vertrauen ist sehr wichtig, weil es die Voraussetzungen für die deutsche Wiedervereinigung geschaffen hat.

Jetzt ist es verschwendet. Deutschlands östliche Nachbarn fürchten seinen Militarismus nicht mehr. Sie fürchten seine Unzuverlässigkeit.

Aloïsia Leitz

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